Pädagogische Schwerpunkte

„Das Kind in Ehrfurcht empfangen,
 in Liebe erziehen
 und in Freiheit entlassen.“

Grundlage / Struktur und Wiederholungen   /  Vorbild und Nachahmung  Freispiel 
Erziehungspartnerschaft Emmi Pikler in den Kleinkindgruppen
 

Grundlage

„Man wird nur dadurch dem Menschen gerecht, dass man in jedem einzelnen einen neuen Menschen sieht.“ (R. Steiner) 

Die Waldorfpädagogik basiert auf dem Menschenbild der von Rudolf Steiner entwickelten Anthroposophie. Diese geht davon aus, dass es zur Entwicklung des Menschen das Zusammenwirken körperlicher, seelischer und geistiger Faktoren braucht. In der frühen Kindheit steht dabei die körperliche Entwicklung im Vordergrund. Das Kind benötigt viele Lebenskräfte für sein Wachstum, die Reifung der Organe und die Entwicklung seiner Sinne. Dieser Reifungsprozess verläuft jedoch bei allen Kindern sehr unterschiedlich. Eine wichtige Aufgabe der ErzieherInnen besteht daher darin, einem Kind bei der Entfaltung seiner eigenen Individualität begleitend zur Seite zu stehen. Dabei spielt die menschliche und sinnliche Umgebung, in der ein Kind aufwächst, eine zentrale Rolle. Diese Umgebung angemessen zu gestalten, ist Aufgabe der ErzieherInnen, denen somit sowohl eine Vorbild- als auch eine Schutzfunktion zukommt.

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Struktur und Wiederholungen

„Rhythmus ist Leben, er ist der Träger unserer Gesundheit.“ (R. Steiner)

Die Kräfte, die die Kinder für ihre rasante Entwicklung bedürfen, können sich am besten in einem rhythmischen Tagesablauf  regenerieren, in dem sich Phasen der Aktivität mit Phasen der Ruhe regelmäßig abwechseln. Feste Tageszeiten für Essen und Schlafen und eine gleich bleibende Struktur des Tages geben dem Kind Sicherheit und helfen ihm, seinen eigenen Rhythmus zu finden. Und auch im Wochenverlauf gibt es regelmäßig wiederkehrende Ereignisse, wie etwa die immer donnerstags in allen Gruppen stattfindende Eurythmie oder auch die Zuordnung der verschiedenen Frühstücksmahlzeiten zu den einzelnen Wochentagen.

So wie unser Tag gewohnt und in derselben Struktur verläuft, gibt es auch rhythmische Merkmale im Jahresverlauf. Dabei orientiert sich die Waldorfpädagogik eng an den Vorgängen der Natur, dem Wechsel der Jahreszeiten und den christlichen (nicht konfessionell gebundenen) Jahresfesten. In diesem großen, immer wiederkehrenden Rhythmus eingebettet zu sein, bietet den Kindern Verlässlichkeit und bindet sie in größere Zusammenhänge ein. Es ist uns wichtig, diese Zusammenhänge direkt in der Natur zu erleben, sie dann aber auch gestaltet im Raum aufzugreifen. Das kleine Kind erlebt und erfährt diese wiederkehrenden Ereignisse und Feste ganz elementar als deutliche Sinneseindrücke; es ist ihm möglich, sie unmittelbar und unreflektiert mit dem ganzen Körper aufzunehmen. Wir legen Wert darauf, dem Kind dieses unmittelbare Erleben zu ermöglichen, ohne Erklärungen, ohne Belehrungen, sondern als eine Wahrnehmung. Wird das Kind älter, entstehen aus sich heraus Fragen, und es erkennt neue Sinnzusammenhänge, die dann wiederum kognitiv aufgegriffen werden können.

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Vorbild und Nachahmung

„Jede Erziehung ist Selbsterziehung, und wir sind eigentlich als Lehrer und Erzieher nur die Umgebung des sich selbst erziehenden Kindes.“ (R. Steiner)

Das gesamte Umfeld dient dem Kind gerade in den ersten Lebensjahren als Vorbild, das verinnerlicht und nachgeahmt wird. Die Kinder erleben den sinnvoll tätigen Erwachsenen, dessen Tun sie durchschauen und nachvollziehen lernen. Kinder sind sowohl über ihren Willen als auch über praktische Tätigkeiten ansprechbar, nicht aber durch Ermahnungen oder Belehrungen, die nur den Intellekt des Kindes ansprechen. Ein Kind nimmt nicht nur die äußeren Handlungen des Erziehenden auf, sondern auch dessen Haltung gegenüber seiner Umgebung. Dies bildet die Grundlage für das spätere eigene verantwortliche und moralische Handeln.

Die ErzieherInnen sind daher in der Freispielzeit mit Arbeiten beschäftigt, die für die Gruppe sinnvoll sind. Sie bereiten etwa die Mahlzeiten vor, kümmern sich um kaputte Spielsachen, pflegen den Gruppenraum und beschäftigen sich mit jahreszeitlichen Arbeiten. Die Kinder haben bei allem Einblick und können oft mithelfen. Vielmehr aber regen diese Tätigkeiten das Kind selbst an, etwas zu tun und sich ins Spiel zu vertiefen. Wir versuchen, in allem ein gutes Vorbild zu sein. So achten wir auf Gestik, Mimik und Sprache, denn diese werden vom Kind wahrgenommen und nachgeahmt.

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Freispiel

„Aus der Art, wie ein Kind spielt, kann man erahnen, wie es seine Lebensaufgabe ergreifen wird.“ (R. Steiner)

Spielen macht Kindern Spaß, ist für sie aber zugleich auch eine ernste Sache. Es kommt als Bedürfnis von innen heraus. Beim Spielen definiert das Kind seine eigene Rolle in der Umwelt und die Rolle der Umwelt für sich selbst permanent neu. Dabei entwickeln sich die Phantasiekräfte der Kinder stetig weiter.

Deshalb liegt ein wichtiger Aspekt der Waldorfpädagogik im Freispiel der Kinder. Dabei achten die ErzieherInnen darauf, die Kinder nicht zu stören, damit diese ihre Kreativität und Phantasie frei ausleben und entfalten können. Die ErzieherInnen gestalten aber den äußeren Rahmen des Freispiels, d.h. sie sorgen für eine zeitliche Begrenzung dieser Kraftphase und ihren Übergang in eine Ruhephase, für ausreichend Spielfläche,ob drinnen oder draußen, für das geeignete Spielzeug und sie räumen natürlich Gefahrenstellen aus dem Weg. Es wird nur in das Spiel der Kinder eingegriffen um Hilfestellung zu geben, oder um zu schlichten.  

Bei Kindern geht die Spielentwicklung vom Kennenlernen des eigenen Körpers über die Sprache bis hin zu der Auseinandersetzung mit verschiedenen Spielmaterialien. Gerade durch Naturmaterialien werden die kindlichen Sinne in vielfältiger Weise angesprochen. Steine, Holzklötze, Tannenzapfen, Tücher, Kastanien oder Muscheln sehen nicht nur unterschiedlich aus, sie fühlen sich auch ganz verschieden an, riechen anders, haben eine unterschiedliche Dichte und jeweils ganz spezifische Eigenschaften. Im Idealfall fördern diese Spielsachen die eigene Schöpfungskraft des Kindes und unterstützen es in seiner Entwicklung. So fördert vor allem einfaches Spielzeug, ohne zu weit vorgegebene feste Strukturen, die Kreativität des Kindes und lässt Raum für eigene Ideen und vielfältige sinnliche Erfahrungen. Es ist vielfältiger einsetzbar und fördert das Miteinander-Spielen der Beteiligten und den kommunikativen Austausch untereinander. Als ein Beispiel für solche Spielzeuge könnte man das Seidentuch nennen; dieses Tuch kann z.B. ein Halstuch, die Krone der Prinzessin, die Decke des Pferdes, das Bindeglied aneinander zu bindender Gegenstände, ein fliegender Teppich und unendlich vieles mehr sein.

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Erziehungspartnerschaft

„Heilsam ist nur, wenn im Spiegel der Menschenseele sich bildet die ganze Gemeinschaft und in der Gemeinschaft wirket der Einzelseele Kraft.“ (R. Steiner)  

Wir achten auf eine verbindende Arbeit mit Eltern, ErzieherInnen und anderen Bezugspersonen - wie in einer großen Familie. Wir versuchen daher tagtäglich, unsere gemeinsame Erziehungsarbeit aufeinander abzustimmen. Viele kleine Begegnungen schaffen da ein großes Ganzes: Aufnahmegespräche, Hausbesuche, Eingewöhnungszeit, Geburtstags- oder Entwicklungsgespräche, Elternabende und kleine Übergabegespräche beim Bringen oder Abholen der Kinder. Aber auch die gemeinsame Arbeit an und in unserem Kindergarten schafft ebenso Vertrauen und Transparenz, wie die vielfältigen Angebote für gemeinsame Aktivitäten und unsere gemeinsamen Jahresfeste den Gemeinschaftssinn stärken.

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Emmi Pikler in den Kleinkindgruppen

„Behandeln wir das Kind nie mechanisch. Behandeln wir es nie wie einen leblosen Gegenstand, wie klein es auch sein mag. Nehmen wir Rücksicht!“ (E. Pikler)

Es ist sehr wichtig, dass die Kleinkindgruppen nicht als Kindergartengruppe in klein verstanden werden. Sie haben ein eigenes Konzept und einen eigenen Tagesablauf, abgestimmt auf das Alter und die Bedürfnisse der Kinder. Neben der Pädagogik Rudolf Steiners ist der pädagogische Ansatz Emmi Piklers Anhaltspunkt für unser Arbeiten. Zum Konzept Emmi Piklers wie auch dem Rudolf Steiners gehört die vorbereitete Gestaltung der Umgebung, eine für das Kind Geborgenheit ausstrahlende Atmosphäre, in der freies Spiel und die Pflege geschehen können. Für Emmi Pikler gilt grundlegend, „die Würde des kleinen Kindes zu achten.“ Hier geht es um das „Zusammensein" von Erwachsenen und Kindern. Die Erwachsenen haben Sorge zu tragen, dass es zu einem guten Einvernehmen kommt.

Der pädagogische Impuls Emmi Piklers bezieht sich hauptsächlich auf die Pflege des Kindes und seine Bewegungsentwicklung. Dem Grundbedürfnis jedes Kindes, alles selber zu tun und ausprobieren zu wollen, sollte bewusst Raum gegeben werden. Die selbstständige Bewegungsentwicklung und damit die freie Entfaltung nach individuellen Entwicklungsphasen zu ermöglichen, ist hierbei das Ziel.

Bei der Pflege gehören innere Ruhe und hohe Präsenz zum Selbstverständnis der Pikler-Pädakogik. Alle Handlungen geschehen in Kontakt mit dem Kind. Gerade der pflegerische Bereich nimmt im Tagesverlauf der Kleinkindgruppen einen wichtigen Platz ein. Hierfür nehmen wir uns Zeit. Pflege ist ein Zeichen der Beziehung zueinander und ist zugleich Förderung des jeweiligen Kindes. Dabei geht es um das Erlernen des selbstständigen An- und Ausziehens, alleine Händewaschen oder die Benutzung der Toilette, die Entwicklung des Sauberkeitsgefühls. Die Kinder werden in die Situationen mit einbezogen und helfen selbstständig, die Dinge zu tun, die sie schon können. Der Erwachsene handelt ruhig nach dem wiederkehrenden gleichbleibenden Ablauf. Zum Beispiel steht vor dem Wickeltisch eine Treppe. Das jeweilige Kind wird zum Wickeln gerufen und kann nun alleine die Treppe hinauf gehen, um sich dann oben im Liegen oder Stehen wickeln zu lassen. Dabei wird mit dem Kind gesprochen und Augenkontakt gehalten. Man sagt dem Kind, welche Handlung folgt und lässt es mithelfen. Alles, was das Kind alleine tun kann, soll es auch tun. Durch das Reden wird die Sprachentwicklung gefördert. Die gesamte Pflege des Kindes ist ein sich regelmäßig wiederholender Ablauf, der dem Kind Sicherheit gibt und Vertrauen vermittelt.

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